Streicher aus Israel
Das Rishonim String Quartet zählt zu den besten Streichquartetten Israels. Seine Konzerte in Schloss Engers und der Villa Musica in Mainz zeigten, warum.
Mozart, Mendelssobn und Sheriff
Es war eine herzliche Begegung mit Meisterstreichern aus Israel: das Konzert des Rishonim String Quartet in Mainz. Schon Mozarts großes C-Dur-Quartett KV 465 klang so beseelt in allen vier Stimmen, so einheitlich im warmen, weichen Klang, so brillant in den Geigensoli des Primarius Gilad Hildesheim, dass es eine wahre Wonne war zuzuhören. Wie Dotan Netel an der zweiten Geige und Irit Livne an der Bratsche auf die Mozart-Kantilenen der ersten Geige im sprechendem Dialog reagierten, zeugte von langer Erfahrung und einer vollkommen einheitlichen Klangvorstellung. Raz Kohn baute vom sonoren Cello aus den Klang immer wieder in Mozartisch agiler Weise auf – ein vitaler Impuls gerade in diesem Quartett, in dem so Vieles auf das Cello ankommt. Das perfekte Andante-Tempo, das sehr schnelle Menuett und das beinahe sinfonisch kraftvolle Finale ließen einen Mozart von heute vor dem dankbaren Publikum entstehen.
Obwohl sich nach dem großen Tag der Musik vor einer Woche nur wenige Kammermusik-Kenner/innen in der Villa Musica eingefunden hatten, applaudierten sie umso herzlicher nach dieser Meisterleistung der Quartettkunst. Eine Dame im Publikum meinte sogar, zwischen den Sätzen klatschen zu müssen und nutzte eine bedeutungsvolle Generalpause im Andante cantabile ebenfalls für eine Applauseinlage. Dabei zeigte sich, dass ein Mozartscher Trugschluss eben genau das ist: eine trügerische Einladung zum Applaus an falscher Stelle.
Cellist Raz Kohn führte auf Englisch in das 3. Streichquartett von Noam Sheriff ein, was vom Publikum dankbar angenommen wurde. Der legendäre israelische Dirigent und Komponist, der vor 5 Jahren verstorben ist, war gleichsam der Gründervater des Rishonim String Quartet. Sein 3. Quartett von 2008 loteten die Vier in allen drei Sätzen voller Passion aus: im ersten Satz alternierend zwischen Unisono und dissonanten Klangflächen, im zweiten Satz im gedehnten Lamento-Klang über einen Ashkenasi-Gesang aus dem 11. Jahrhundert, im Finale mitreißend motorisch über unregelmäßige Rhythmen vom Balkan. Große Begeisterung nach der Mainzer Erstaufführung eines aktuellen Meisterwerks der israelischen Musik.
Nach der Pause konnten dann Publikum und Quartett ohne Zwischenapplaus die vier Sätze von Mendelssohns a-Moll-Quartet ungestört genießen. Warm und singend der Anfang mit dem Liedzitat des verliebten jungen Mendelssohn, stürmisch aufgewühlt das folgende Allegro. Zum Zentrum der gesamten Aufführung wurde die Fuge des langsamen Satzes, in der Mendelssohn seine Idole Bach und Beethoven zur Einheit verschmolzen hat. Zauberhaft der Serenadenklang des dritten Satz, hochdramatisch und opernhaft sich steigernd das Finale bis zur letzten Reprise des Fugenthemas. Als die Musiker am Ende den Anfang des Quartetts wieder aufnahmen und im zartesten Pianissimo ausklingen ließen, konnte man alle vier Sätze als Einheit begreifen: als eine schmerzlich romantische Roman-Erzählung in vier Kapiteln, eingefasst in das Liebeslied eines 18 Jahre jungen romantischen Träumers aus Berlin. Solche Einheit stellt sich freilich nur ein, wenn zwischen den Sätzen eben nicht applaudiert wird.
Fr., 8.9., 19 Uhr – Schloss Engers
Sa., 9.9., 19 Uhr – Villa Musica Mainz
Rishonim Quartet (Israel)
Gilad Hildesheim und Dotan Netel, Violine | Irit Livne, Viola | Raz Cohen, Violoncello
Wolfgang Amadeus Mozart: Streichquartett C-Dur, KV 465 {„Dissonanzen“)
Noam Sheriff: Streichquartett Nr. 3 (Nuits oubliées)
Felix Mendelssohn: Streichquartett a-Moll, op. 13