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Grandioser Raum für monumentalen römischen Barock: die Abteikirche Maria Laach war am 21.6. in Rot getaucht (Foto: Helmut Reinelt).

Händel in Maria Laach

Die ganze Pracht des römischen Barock bei der RheinVokal-Eröffnung in Maria Laach: Händels Dixit Dominus und Scarlattis Cäcilienmesse am 21.6.

RheinVokal-Eröffnung mit der Rheinischen Kantorei und Concerto Köln

von Karl Böhmer

Am 20. Geburtstag des Festivals RheinVokal passte einfach alles zusammen: der Sommeranfang mit Bilderbuchwetter, die starke spirituelle Aura der Abtei Maria Laach, die fantastischen jungen Sänger der Rheinischen Kantorei und die geballte Barockerfahrung von Concerto Köln. Edzard Burchards leitete die beiden Ensembles in überwältigend festlichen, ansteckend rhythmischen, am Ende mitreißenden Interpretationen der Cäcilienmesse von Alessandro Scarlatti und des Dixit Dominus von Händel. Viele Bravos und ein sehr langer, glücklicher Applaus in der voll besetzten Abteikirche waren der Lohn für einen Parcours durch barocke Gesangskunst, wie man ihn sich geballter nicht hätte vorstellen können.

Geburtstagswünsche

Kulturstaatssekretär Prof. Dr. Jürgen Hardeck begrüßte in der Basilika: „RheinVokal ist nicht nur ein Radiofestival, sondern auch ein Festival für die Region. Es geht darum, die großen Werke der Vokalmusik in die Kirchen, Schlösser und Säle am Mittelrhein zu tragen. Wunderschöne Räume werden durch Gesang zu Erlebnisräumen für Herz und Seele,“ sagte Hardeck auch als Vorstandsvorsitzender der Landesstiftung Villa Musica. SWR-Intendant Kai Gniffke hielt die Festansprache zum 20. Jubiläum und würdigte die Bedeutung des 2005 gegründeten Festivals: „Rheinvokal ist ein Festival, das den Kulturraum Mittelrheintal und seine atemberaubend schöne Landschaft mit hochklassiger Musik verbindet – eine unwiderstehliche Kombination. Der SWR ist stolz, seit 20 Jahren nicht nur Berichterstatter, sondern aktiver Kulturmotor und Kulturermöglicher bei Rhein Vokal zu sein. Hier können wir unseren Anspruch einlösen, den Regionen des Landes auch in der digitalen Welt Gesicht und Stimme zu geben.“ Verbandsbürgermeister Johannes Bell hatte im Namen der RheinVokal-Kommunen schon beim Empfang vor dem Konzert begrüßt. Sabine Fallenstein schilderte danach in einem ganz persönlichen Rückblick die Arbeit des Künstlerischen Leitungsteams in 20 Jahren Festival.

Cäcilienmesse

„Sehr viel A-Dur!" meinte der Geiger und SWR-Redakteur Jörg Lengersdorf vom Künstlerischen Leitungsteam nach der Cäcilienmesse von Alessandro Scarlatti. Die Künstlerische Leiterin der Villa Musica, Prof. Ervis Gega, schwärmte von der beruhigenden, spirtuellen Aura dieser Musik. Wie der große Sizilianer Scarlatti in diesem römischen Spätwerk von 1720 klangvolle Streichervorspiele in A-Dur mit den Dissonanzgeheimnissen des Hochbarock, die Palestrina-Tradition der Ewigen Stadt mit dem Ziergesang Neapels zur Synthese brachte, wirkte ebenso eigenwillig wie eindrucksvoll. Dass die fünf Solisten dabei mitten im Chor standen und alle Tutti-Partien mitsangen, war nicht nur historisch korrekt, sondern auch notwendig bei der ständigen engen Verzahnung von Solopassagen und Chor. SWR-Tonmeister Ralf Kolbinger sorgte für den perfekten Mitschnitt eines Werkes, das derzeit, obwohl es so beühmt ist, nur in einer alten CD-Einspielung und einem Konzertmitschnitt auf YouTube greifbar ist. So wenig präsent ist Alessandro Scarlatti immer noch – im Jahr seines 300. Todestages.

Dixit Dominus

Bei Händel kann von Mangel an Einspielungen natürlich keine Rede sein, und doch: Sein Dixit Dominus in einem grandiosen Kirchenraum live zu hören und sich vom Genie des jungen Händel mitreißen zu lassen, ist etwas gänzlich anderes als im stillem Kämmerlein zu lauschen. Die Kenner wussten es schön, bevor das wütende g-Moll-Vorspiel der Streicher einsetzte: Händels Dixit Dominus sprengt alle Grenzen. Was der junge Händel in seiner Vertonung des 109. Psalms im römischen April 1707 zu Papier brachte, ist an schierer Wucht, Virtuosität und Klangmagie nicht zu übertreffen. Wie einst die römischen Streicher unter Corellis Leitung trugen auch die Musiker von Concerto Köln den Gesang auf mal hochvirtuosen, mal traumhaft schönen Klangteppichen voran. Den 15 Sänhgern blieb es vorbehalten, Händels erschreckende Klangvisionen vom Gotteszorn mit frommen Motetten im Palestrina-Stil und wunderschönen Idyllen nahtlos abwechseln zu lassen. In den beiden Arien und im Duett waren die schönen Stimmen und die Wendigkeit der drei hohen Solisten zu bewundern: die Soprane Martha Matscheko und Santa Karnite sowie der herausragende Altist Jaro Kirchgessner. Tenor David Jakob Schläger und Bassist Richard Logiewa Stojanovic bewiesen die gute „Mainzer Schule“ des Gesangs in kurzen, aber prägnanten Soli. Spätestens nach der rasantesten Schlussfuge, die Händel jemals geschrieben hat, gab es in der Abteikirche kein Halten mehr. Schöner hätte man das RheinVokal-Jubiläum nicht eröffnen können als mit diesen prachtvollen zwei Stunden römischer Kirchenmusik in Maria Laach. 

Samstag, 21.6., 19 Uhr – Abteikirche Maria Laach

Rheinische Kantorei mit 5 Solisten | Concerto Köln | Edzard Burchards

Georg Friedrich Händel: Dixit Dominus, Psalm für 5 Solisten, fünfstimmigen Chor und Streicher, HWV 232 (Rom 1707)
Alessandro Scarlatti: Messa di S. Cecilia für 5 Solisten, fünfstimmigen Chor und Streicher (Rom 1720)